Glyphosat: Das umstrittene Pestizid, das Trinkwasser verunreinigt und die Wissenschaft spaltet

Veröffentlicht auf 12 Oktober 2022 Zuletzt aktualisiert am 25/09/2023

Der Einsatz von Glyphosat sorgt seit Jahren für hitzige Diskussionen. In Deutschland ist Glyphosat – ein chemischer Stoff, der breite Verwendung in Pflanzenschutzmitteln findet – im Grund- und Oberflächenwasser zu finden. Das europäische Fliessgewässermonitoring (2018) stellte fest: Das Abbauprodukt von Glyphosat, AMPA, ist die häufigste durch Pestizide verursachte Substanz in Fliessgewässern

«Unser Trinkwasser gehört zu den besten der Welt» ist ein oft gehörtes Klischee. Im Vergleich zu anderen Ländern ist das Leitungswasser in Deutschland tatsächlich von hoher Qualität. Die Trinkwasserverordnung gibt den gesetzlichen Rahmen vor, mit dem Ziel, gesundheitlich unbedenkliches Trinkwasser sicherzustellen. Die gesamte Prozesskette – von der Gewinnung, über die Aufbereitung bis hin zur Verteilung des Trinkwassers – ist darauf ausgerichtet, Barrieren gegen unerwünschte Substanzen zu errichten. Trinkwasserversorger geben viel Geld aus, um unerwünschte Stoffe wie Pestizide zu filtern, die durch menschliche Aktivitäten in unsere Trinkwasserquellen gelangt sind.

Pestizide und Herbizide sind Chemikalien, die in der Landwirtschaft zur Bekämpfung von Krankheiten, Schädlingen oder Unkraut eingesetzt werden, um die Gesundheit von Kulturpflanzen zu erhalten oder die Reife von Getreide zu beschleunigen. Pestizide wirken gegen Schädlinge – aber sie haben auch unerwünschte Nebenwirkungen: Rückstände können in den Boden sickern und schließlich in das Grund- oder Oberflächenwasser gelangen, aus dem unser Trinkwasser gewonnen wird.

Der Zustand des Grundwassers in Deutschland 

In Deutschland werden rund 74 Prozent des Trinkwassers aus dem Grundwasser gewonnen. Lange wurde davon ausgegangen, dass die überlagernden Bodenschichten das Grundwasser gegen Verunreinigungen schützen. Eine systematische Überwachung der Bundesländer zeigt jedoch: Der gute Zustand des Grundwassers ist vielerorts gefährdet. 

Das Deutsche Umweltbundesamt hält fest (2022), dass 32,7 Prozent der Grundwasserkörper gegenwärtig keinen guten chemischen Zustand erreichen. Ursachen für die Verschmutzung sind Einträge aus Industrie und Verkehr oder Verschmutzungen durch alte Altablagerungen, undichte Abwasserkanäle oder Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen. Die größte Verschmutzung geht jedoch von der Landwirtschaft aus: Stickstoffverbindungen – in der Regel Nitrat – sowie Pflanzenschutzmittel (PSM) und ihre Abbauprodukte (sogenannte Metaboliten) gelten als Hauptursache für den schlechten Zustand der Grundwasserkörper

Pflanzenschutzmittel-Rückstände im oberflächennahen Grundwasser

Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) publizierte 2019 einen Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit und die am häufigsten nachgewiesenen PSM-Rückstände im oberflächennahen Grundwasser Deutschlands. Im Beobachtungszeitraum von 2013 bis 2016 wurden insgesamt 495 relevante PSM-Substanzen gemeldet. Die ersten drei Plätze belegen Desethylatrazin, Bentazon und Atrazin. Glyphosat steht auf Platz 20. Unter den 20 am häufigsten gefundenen schädlichen Substanzen befinden sich neun zugelassene Substanzen, während es zwischen 2006 und 2008 noch fünf waren. «Dies zeigt, dass zunehmend auch Wirkstoffe aus derzeit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln und deren Abbauprodukte im Grundwasser nachgewiesen werden», halten die Studienautoren fest. Eine beunruhigende Entwicklung. 

Glyphosat

Eines der bekanntesten Herbizide ist Glyphosat. Das amerikanische Unternehmen Monsanto (inzwischen vom deutschen Chemiekonzern Bayer übernommen) brachte Glyphosat im Jahr 1974 auf den Markt. Seitdem zählt es zu den weltweit am häufigsten verwendeten Herbiziden. Glyphosat wirkt schnell und effektiv, weshalb es in großen Mengen zum Einsatz gebracht wird. Daten der Universität Wageningen (Niederlande) zeigen, dass 45 Prozent der 300 Bodenproben, die auf verschiedenen landwirtschaftlichen Flächen in Europa genommen wurden, Glyphosat und AMPA (ein Abbauprodukt von Glyphosat) enthalten.

Glyphosat wird aber auch auf Nichtkulturland eingesetzt, beispielsweise auf Bahnanlagen, um die Strecken zur Sicherheit des Schienenverkehrs frei von Unkraut zu halten, sowie auf Verkehrs- und Industrieflächen. Die Anwendung von Glyphosat im Haus- und Kleingartenbereich und auf Flächen, die von der Allgemeinheit genutzt werden, ist in Deutschland seit dem 8. September 2021 verboten.

Glyphosat ist in Deutschland seit 1974 zugelassen. Der Inlandsabsatz des weltweit beliebten Pflanzenschutzmittels belief sich im Jahr 2017 auf 4’700 Tonnen. Das entspricht rund 30 Prozent der gesamten in Deutschland abgesetzten Herbizidwirkstoffmenge. Rund 40 Prozent der Ackerfläche Deutschlands werden jedes Jahr mit glyphosathaltigen Herbiziden behandelt. Dies macht Glyphosat zu einer Herausforderung für die Trinkwassergewinnung in Deutschland.

Problematische Substanz

Die möglichen schädlichen Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit des Menschen und auf die Umwelt werden seit Jahren untersucht und diskutiert. Offizielle Stellen gelangen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Im Jahr 2015 überprüfte die Internationale Agentur für Krebsforschung (International Agency for Research on Cancer, IARC) über 1000 Studien und kam zu dem Schluss, dass Glyphosat für den Menschen «wahrscheinlich krebserregend» sei. Im selben Jahr kam die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) zu dem Schluss, dass die «normale Verwendung» von Glyphosat wahrscheinlich kein Risiko für den Menschen darstellt. Zwei Jahre später stufte die Europäische Chemikalienagentur (European Chemicals Agency, ECHA) Glyphosat als nicht krebserregend ein. Diese höchst unterschiedlichen Bewertungen haben eine wissenschaftliche Debatte darüber ausgelöst, wie die Forschung zu Glyphosat durchgeführt werden sollte, beispielsweise welche Studien einbezogen und wie die Daten ausgewertet werden sollten.

Klagen und Gerichtsverfahren

Die amerikanische Justiz scheint sich den Erkenntnissen der IARC anzuschließen. Bayer verliert regelmäßig Gerichtsverfahren und zahlt den Opfern horrende Entschädigungsbeträge. So hat das Unternehmen kürzlich eingewilligt, über 10 Milliarden Dollar für die Beilegung von Krebsklagen zu zahlen.

Unabhängig von diesen widersprüchlichen Schlussfolgerungen ist eines sicher: Menschen nehmen Glyphosat auf. Dies geschieht über die Nahrung (chemische Rückstände in den Böden landwirtschaftlicher Kulturen), durch Einatmen (bei der Anwendung in der Nähe von Wohngebieten), durch Hautkontakt während der Anwendung und über das Trinkwasser. Obwohl die Trinkwasserversorger große Anstrengungen unternehmen, um das Trinkwasser zu reinigen, ist Glyphosat mitunter in geringen Konzentrationen vorhanden.

Herausforderungen in der Abwasserbehandlung

Für die Wasserwerke, die für die Abwasserreinigung zuständig sind, wird es zunehmend schwieriger, Pestizide und Herbizide zu filtern: Es gelangen immer mehr Stoffe ins Wasser, die zum heutigen Zeitpunkt noch nicht richtig erkannt werden oder über die noch zu wenige Informationen vorliegen. Entsprechend unmöglich ist es, das Wasser entsprechend zu reinigen.

Ein weiteres Problem ist, dass verschiedene chemische Rückstände in Kombination miteinander eine stärkere toxische Wirkung entfalten können. Der konsequenteste Ansatz wäre, die Zulassungspolitik zu ändern, um zu verhindern, dass schädliche Stoffe in die Umwelt gelangen. Nach dem Motto: Was nicht reinkommt, muss auch nicht entfernt werden. 

Glyphosat-Verbot

In der EU wurde Glyphosat 2017 für fünf Jahren erneut zugelassen, wobei die Zulassung Ende 2022 ausläuft. Derzeit ist nicht bekannt, ob und für wie lange die Zulassung verlängert wird. Die Europäische Kommission schlug den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) vor, das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ein weiteres Jahr zuzulassen, um den Entscheid gründlicher prüfen zu können. Die dafür erforderliche qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsländer wurde am 14. Oktober 2022 jedoch nicht erreicht. Sollte der Vorschlag der Europäischen Kommission auch im Berufungsausschuss keine qualifizierte Mehrheit erhalten, kann die Kommission das umstrittenen Totalherbizids selbst für ein weiteres Jahr zulassen.

In Deutschland hat die Regierung ein Glyphosat-Verbot ab dem 1. Januar 2024 beschlossen. Dieser Beschluss ist im Koalitionsvertrag vereinbart und in der geltenden Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung verankert. Seit dem 8. September 2021 ist die Anwendung von Glyphosat direkt vor der Ernte generell verboten. 

Ebenfalls verboten ist die Anwendung in Haus- und Kleingärten sowie auf öffentlichen Grünflächen, zum Beispiel auf Kinderspielplätzen, soweit bestandskräftige Zulassungen nicht entgegenstehen. Beim Ackerbau und auf Grünland darf Glyphosat darf nur noch eingesetzt werden, wenn es keine alternativen Möglichkeiten gibt. Dies ist zum Beispiel bei schwer zu bekämpfenden Unkräutern wie Ackerkratzdisteln, Blacken und Quecken oder auf erosionsgefährdeten Flächen der Fall. 

Deutschland begründet seinen Entscheid folgendermassen: «Als Totalherbizid vernichtet Glyphosat ohne Unterschiede alle Pflanzen und zerstört damit die Nahrungs- und Lebensgrundlage für viele Insekten- und Vogelarten wie Schmetterlinge und Feldlerche. (…) Die Wirkstoffe können auch in benachbarte Säume und Gewässer gelangen, wo es dann zu Schäden kommen kann

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Verweildauer von Schadstoffen in Böden und Gewässern nicht unterschätzt werden sollte. Dies zeigt das folgende Beispiel: Das Herbizid Atrazin wurde 1991 vom Markt genommen, aber 2016 – also 25 Jahre später – werden Atrazin und sein Abbauprodukt Desethylatrazin immer noch in einem Fünftel der Messtellen gefunden und gehören zu den drei am häufigsten im Grundwasser nachgewiesenen Stoffen. Auch die ebenfalls nicht mehr zugelassenen Wirkstoffe Bromacil, Diuron, Simazin, Ethidimuron und die Abbauprodukte 1,2-Dichlorpropan und Desisopropylatrazin zählen noch immer zu den am häufigsten nachgewiesenen Schadstoffen. Trotz des geplanten Verbots von Glyphosat in Deutschland ist davon auszugehen, dass Rückstände noch viele Jahre lang in unseren Böden und Gewässern verbleiben werden.

ZeroWater

Angesichts der komplexen Gesetzgebung zu Pestiziden und der widersprüchlichen Forschungsergebnisse ist nicht sicher, dass die Chemikalien kurzfristig aus unserem Trinkwasser verschwinden werden. Wollen Sie sichergehen, dass sich kein Glyphosat in Ihrem Trinkwasser befindet? ZeroWater ist der einzige Filter, der Glyphosat zu 100 Prozent aus dem Wasser filtert. Unser Filter entfernt ausserdem Kalk, Blei, Chlor, PFAS (PFOS/PFOA).

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In dem folgenden Video testen Wissenschaftler verschiedene Filter und untersuchen, wie gut diese Glyphosat aus dem Wasser filtern. Sehen Sie es sich hier an:

Glyphosat Zeitstrahl

1950 – Dr. Henri Martin entdeckt Glyphosat.

1974 – Monsanto führt Glyphosat auf dem Markt ein.

1997 – WHO-Empfehlung: Es gilt der Richtwert von maximal 5’000 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser.

2002 bis 2003 – Monsanto muss wegen Boden- und Wasserverschmutzung 600 Millionen Dollar Schadenersatz an 20’000 Einwohner von Anniston zahlen.

2011 – Trinkwasserverordnung: In der EU gilt für Pestizide wie Glyphosat ein allgemeiner, stoffunabhängiger Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser. 

2015 – Die Internationale Agentur für Krebsforschung kommt zu dem Schluss, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend ist.

2015 – Die EFSA kommt zu dem Schluss, dass Glyphosat bei normalem Gebrauch nicht gefährlich ist.

2021 – Fünfte Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung: Deutschland beschliesst sofort greifende deutliche Einschränkungen für den Einsatz glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel sowie den vollständigen «Glyphosat-Ausstieg» bis Ende des Jahres 2023.